Wie wird in der Türkei eine Vaterschaftsklage für ein außerehelich geborenes Kind erhoben?
Vaterschaftsklage für ein außerehelich geborenes Kind
In diesem Artikel wird die Vaterschaftsklage für ein außerehelich geborenes Kind im Rahmen des türkischen Zivilgesetzbuches untersucht und Themen wie die Bedingungen, Parteien, Beweislast, Verjährung und Folgen der Klage behandelt. Außerdem werden Entscheidungen des Kassationshofs zu diesem Thema berücksichtigt, um die praktische Situation besser zu verstehen.
1 – Definition und Zweck der Vaterschaftsklage
Die Vaterschaftsklage ist eine Klage, die erhoben wird, um die rechtliche Feststellung eines außerehelich geborenen Kindes zu erreichen. Diese Klage, die im Artikel 301 des türkischen Zivilgesetzbuches geregelt ist, ermöglicht die gerichtliche Feststellung der Abstammung zwischen Kind und Vater.
Der Hauptzweck der Klage besteht darin, eine rechtliche Verbindung zwischen dem außerehelich geborenen Kind und seinem Vater herzustellen und so die Rechte des Kindes zu sichern. Dadurch kann das Kind viele Rechte wie das Recht auf Unterhalt und Erbschaft erlangen.
Hinweis: Um den Unterschied zwischen den oft verwechselten Begriffen “leiblicher Vater” und “biologischer Vater” in der Vaterschaftsklage zu erklären: Der biologische Vater ist der genetische Vater des Kindes, also die Person, die die DNA des Kindes trägt. Der leibliche Vater bezeichnet die Person, die rechtlich den Status des Vaters hat. Diese Person kann der biologische Vater sein, aber auch jemand anderes, der durch Gerichtsentscheidung, Anerkennung oder Adoption rechtlich den Status des Vaters erlangt hat. Daher können biologische Vaterschaft und rechtliche Vaterschaft nicht immer übereinstimmen.
2 – Bedingungen der Vaterschaftsklage
Hinweis: Gemäß dem Gesetz Nr. 4722 über das Inkrafttreten und die Anwendungsweise des neuen türkischen Zivilgesetzbuches werden auch Vaterschaftsklagen, die vor dem Inkrafttreten des neuen türkischen Zivilgesetzbuches erhoben wurden, nach den Bestimmungen des türkischen Zivilgesetzbuches entschieden (Gesetz Nr. 4722 Art. 13/Abs. 1). Daher werden auch die vor dem 01.12.2002 erhobenen und bis zu diesem Datum nicht abgeschlossenen Vaterschaftsklagen nach den einschlägigen Bestimmungen des Zivilgesetzbuches behandelt.
A) Außereheliche Geburt
Damit eine Vaterschaftsklage erhoben werden kann, muss das Kind zunächst außerehelich geboren sein. Für ehelich geborene Kinder gilt die Vaterschaftsvermutung, daher ist für diese Kinder keine Vaterschaftsklage erforderlich.
Ausnahme: Allerdings kann auch bei ehelich geborenen Kindern eine Vaterschaftsklage erhoben werden, wenn die Vaterschaftsvermutung widerlegt wurde. Wenn beispielsweise durch eine vom Ehemann erhobene Anfechtungsklage festgestellt wurde, dass das Kind nicht von ihm stammt, kann eine Vaterschaftsklage gegen den leiblichen Vater erhoben werden.
B) Das Kind wurde nicht anerkannt
Eine wichtige Voraussetzung für die Erhebung einer Vaterschaftsklage ist, dass das Kind nicht vom Vater anerkannt wurde. Wenn der Vater das Kind anerkannt hat, wurde bereits eine Abstammung begründet, sodass keine Vaterschaftsklage erforderlich ist.
C) Klagefrist
Zunächst ist zu betonen, dass die Vaterschaftsklage nicht der Verjährung, sondern einer Ausschlussfrist unterliegt. Diese wichtige Unterscheidung spielt eine entscheidende Rolle für die Art der Klage und die Bedingungen für ihre Erhebung. Die Ausschlussfrist ist eine Frist, die für die Ausübung des Rechts vorgesehen ist und bei deren Ablauf das Recht erlischt.
Hinweis: Die Verjährung hebt das Klagerecht auf, wenn ein Recht für eine bestimmte Zeit nicht ausgeübt wird, aber das Recht selbst bleibt bestehen. Wenn beispielsweise ein Schuldner eine verjährte Schuld bezahlt, kann er sie nicht zurückfordern, weil er eine rechtlich existierende Schuld bezahlt hat, auch wenn sie verjährt war. Andererseits führt die Ausschlussfrist zum vollständigen Erlöschen des Rechts, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausgeübt wird.
a – Ausschlussfrist für die Mutter
Artikel 303 des türkischen Zivilgesetzbuches Nr. 4721 regelt die Frist für die Erhebung der Vaterschaftsklage durch die Mutter. Demnach:
- Die Mutter muss die Vaterschaftsklage innerhalb eines Jahres nach der Geburt erheben.
- Die Klage kann auch vor der Geburt des Kindes erhoben werden.
- Wenn es Gründe gibt, die die Verzögerung nach Ablauf der einjährigen Frist rechtfertigen, kann die Klage innerhalb eines Monats nach Wegfall des Grundes erhoben werden.
In einer von der Mutter gegen den biologischen Vater erhobenen Vaterschaftsklage hat der Kassationshof Beispiele für gerechtfertigte Gründe für eine Verzögerung der einjährigen Ausschlussfrist genannt:
” (…) Gemäß Artikel 303 des türkischen Zivilgesetzbuches muss das Recht der Mutter, eine Vaterschaftsklage zu erheben, innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ausgeübt werden. Wenn jedoch der Ablauf dieser Frist durch betrügerisches Verhalten der beklagten Partei verursacht wurde, kann dies als berechtigter Grund angesehen werden, der die Klageerhebung verhindert hat. Faktoren wie das Zusammenleben des Beklagten mit der Klägerin trotz seiner Ehe, die Anerkennung der Vaterschaft des Kindes, Versprechungen zu heiraten und die Verzögerung der Anerkennung des Kindes wurden als berechtigte Gründe für die Verzögerung der Klägerin bei der Klageerhebung angesehen. HGK Aktenzeichen: 2023/383 Entscheidung: 2024/294 Datum: 29.05.2024 (…)”
Hinweis: Bei einer vor der Geburt erhobenen Vaterschaftsklage wird die Klage durch die Bestellung eines Vormunds für das Kind fortgeführt. Außerdem wird in diesen Fällen die Geburt als vorgreifliche Frage behandelt. Denn wenn das Kind tot geboren wird, kann es keine Rechtspersönlichkeit erlangen, sodass keine Abstammungsbeziehung zwischen Vater und Kind entstehen kann.
Zu beachtender Punkt: Wenn bereits eine Abstammungsbeziehung zwischen dem Kind und einem anderen Mann besteht, beginnt die einjährige Ausschlussfrist ab dem Datum, an dem diese Beziehung aufgehoben wurde.
b – Ausschlussfrist für das Kind
Nach den aktuellen gesetzlichen Regelungen gibt es für das Kind keine Ausschlussfrist für die Erhebung einer Vaterschaftsklage. Diese wichtige Änderung erfolgte durch zwei entscheidende Urteile des Verfassungsgerichts:
- Entscheidung vom 27.10.2011, Aktenzeichen 2010/71, Entscheidung 2011/143
- Entscheidung vom 15.03.2012, Aktenzeichen 2011/116, Entscheidung 2012/39
Mit diesen Entscheidungen hat das Kind nach Erreichen der Volljährigkeit das Recht erlangt, jederzeit eine Vaterschaftsklage zu erheben. Diese Regelung ist von großer Bedeutung für den Schutz der Rechte des Kindes und die Sicherung seines Rechts auf Identität.
3 – Parteien der Vaterschaftsklage
A) Kläger
Die Personen, die eine Vaterschaftsklage erheben können, sind die Mutter und das Kind (türkisches Zivilgesetzbuch Art. 301/Abs. 1). Mutter und Kind haben das Recht zur Klageerhebung unabhängig voneinander. Daher stellt der Verlust der Klage durch eine Partei keine rechtskräftige Entscheidung für die andere dar; der Verzicht einer Partei auf die Klage hat keine Auswirkungen auf die andere.
a – Mutter
Die Mutter übt ihr Recht auf Erhebung der Vaterschaftsklage, das sie unabhängig vom Kind hat, nicht im Namen des Kindes, sondern in ihrem eigenen Namen aus. Da das Recht auf Erhebung einer Vaterschaftsklage ein höchstpersönliches Recht ist, muss die Mutter nicht voll geschäftsfähig sein, um die Vaterschaftsklage zu erheben, es reicht aus, wenn sie urteilsfähig ist. Wenn sie jedoch nicht urteilsfähig ist, kann ein Vertreter diese Klage für die Mutter erheben. Außerdem kann die Mutter keine Klage als Vertreterin des Kindes erheben.
b – Kind
Im Hinblick auf das Kind wird angenommen, dass die Vaterschaftsklage für ein minderjähriges Kind durch einen Vormund erhoben wird (türkisches Zivilgesetzbuch Art. 301/Abs. 3). Der Vormund kann in dieser von ihm erhobenen Klage nicht nur die Feststellung der Vaterschaft beantragen, sondern auch Unterhalt für das Kind fordern. Wenn das Kind urteilsfähig ist, wird den Unterhalt jedoch das Kind selbst fordern.
Ein volljähriges und urteilsfähiges Kind kann die Vaterschaftsklage selbst erheben und führen.
Hinweis: In früheren Entscheidungen des Kassationshofs gab es Urteile, die besagten, dass auch der Vater diese Klage erheben kann. Als Begründung wurde angeführt, dass der Zweck des betreffenden Artikels weit ausgelegt werden sollte. Im Laufe der Zeit zeigte sich jedoch in den Entscheidungen des Kassationshofs eine vorherrschende Tendenz dahingehend, dass die Erhebung dieser Klage durch den Vater ungültig ist. Daher muss man unter Berücksichtigung sowohl der ausdrücklichen Bestimmung des Gesetzes als auch der in den letzten Jahren ergangenen Entscheidungen des Kassationshofs davon ausgehen, dass der Vater diese Klage nicht erheben kann.
B) Beklagte
a – Vater
Die Vaterschaftsklage wird gemäß Art. 301 des türkischen Zivilgesetzbuches in erster Linie gegen den Vater erhoben. Wenn der Vater während des Verfahrens nicht urteilsfähig ist, wird er im Verfahren durch einen gesetzlichen Vertreter vertreten. Außerdem kann der Vater, auch wenn er während des Verfahrens minderjährig oder beschränkt geschäftsfähig ist, das Verfahren führen. Der Grund dafür ist, dass die Vaterschaftsklage ein höchstpersönliches Recht darstellt.
Nach dem türkischen Zivilgesetzbuch ist ein “Minderjähriger” eine Person, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat und nicht volljährig (mündig) ist. Minderjährige fallen in die Kategorie der beschränkt Geschäftsunfähigen, das heißt, sie können einige alltägliche Geschäfte tätigen, benötigen aber für wichtige rechtliche Entscheidungen die Zustimmung ihrer Eltern oder Vormünder. Dieser Status beschränkt die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Person, zielt darauf ab, sie zu schützen und dauert bis zum 18. Lebensjahr (außer in Ausnahmefällen) an.
b – Erben
Wenn der Vater verstorben ist, richtet sich die Klage gegen die Erben des Vaters. Nach der Zustellung an die Erben setzen die Erben das Verfahren als Beklagte fort. Die Kläger können keinen Unterhalt von den Erben fordern. Der Grund dafür ist, dass der für das Kind zu zahlende Unterhalt ein Recht ist, das Mutter und Vater betrifft.
c) Benachrichtigung
Die Vaterschaftsklage wird dem Staatsanwalt und der Staatskasse mitgeteilt; wenn die Klage von der Mutter erhoben wurde, wird der Vormund benachrichtigt; wenn sie vom Vormund erhoben wurde, wird die Mutter benachrichtigt.
Der Kassationshof hat in einer Entscheidung betont, dass die unterlassene Benachrichtigung ein Aufhebungsgrund ist: ” (…) Im konkreten Fall wurde die Klage vom Kind erhoben, und ohne Benachrichtigung des Staatsanwalts und der Staatskasse wurde eine Entscheidung getroffen. Obwohl die Benachrichtigung des Staatsanwalts und der Staatskasse über die Vaterschaftsklage zwingend erforderlich ist (türkisches Zivilgesetzbuch Art. 301/letzter Absatz), ist es rechtswidrig, ohne die Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft und der Staatskasse über die Klage das Verfahren fortzusetzen und in der Sache zu entscheiden. Aus diesem Grund musste die Entscheidung aufgehoben werden 2. Zivilkammer Aktenzeichen: 2021/7492 Entscheidung: 2022/9677 Datum: 29.11.2022 (…)”
4 – Beweislast und Beweismittel
In der Vaterschaftsklage liegt die Beweislast im Allgemeinen bei der klagenden Partei. Allerdings wurde durch Artikel 302 des türkischen Zivilgesetzbuches eine Vermutung eingeführt. Demnach gilt:
Die Tatsache, dass der Beklagte zwischen dem dreihundertsten und dem hundertachtzigsten Tag vor der Geburt des Kindes Geschlechtsverkehr mit der Mutter hatte, gilt als Vermutung für die Vaterschaft.
Diese Vermutung kehrt die Beweislast um. Das heißt, wenn die klagende Partei den Geschlechtsverkehr innerhalb dieses Zeitraums nachweist, wird angenommen, dass das Kind vom Beklagten stammt, und die Beweislast für das Gegenteil geht auf den Beklagten über. Selbst wenn es außerhalb dieses Zeitraums liegt, gilt dieselbe Vermutung, wenn festgestellt wird, dass der Beklagte während des tatsächlichen Empfängniszeitraums Geschlechtsverkehr mit der Mutter hatte.
Hinweis: Die als Schwangerschaftsdauer bezeichneten 300 und 180 Tage stellen die biologischen Grenzen dar, innerhalb derer eine Frau schwanger werden kann. Daneben kann eine Frau in seltenen Fällen auch länger als 300 Tage schwanger sein. Damit dies in der Vaterschaftsklage als Beweis dienen kann, muss es durch medizinische Methoden nachgewiesen werden.
Wenn die klagende Mutter während der Schwangerschaftsdauer mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr hatte, kann der Beklagte die Vaterschaftsvermutung widerlegen, indem er nachweist, dass die Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft eines anderen Mannes/anderer Männer höher ist.
A) Beweismittel
Um die Vaterschaft nachzuweisen, ist es wichtig, den Geschlechtsverkehr zwischen der Mutter und dem möglichen Vater zu beweisen. Dafür können Beweismittel wie Social-Media-Konversationen, häufige Übernachtungen in den Wohnungen des jeweils anderen, Aussagen von Freunden als Zeugen verwendet werden.
Das Gesetz gibt dem Richter bei der Verwendung dieser Beweise Freiheit. Das heißt, ein Beweis, den eine der Parteien als stark einschätzt und dem Gericht vorlegt, kann vom Richter ganz oder teilweise als schwach angesehen werden. Zum Beispiel kann ein Beweis, dass eine Frau bei Geschlechtsverkehr mit einem Mann, der die Vaterschaft bestreitet, verhütende Maßnahmen angewendet hat, in diesem Fall allein nicht als ausreichender Beweis gelten. Der Richter muss dies durch andere Beweise unterstützen.
Daneben gibt es auch zuverlässigere medizinische Beweismittel:
a – Blutuntersuchung
Die Vaterschaftsbestimmung durch Blutuntersuchung ist eine alte Methode zur Feststellung der Abstammung und beruht auf dem Prinzip, dass die Gene der Eltern durch Vererbung auf das Kind übergehen. Sie erfordert die gemeinsame Analyse der Blutproben von Mutter, Kind und potenziellem Vater. Eine Unvereinbarkeit der Blutgruppen kann die Vaterschaft definitiv ausschließen, während eine Übereinstimmung allein die Vaterschaft nicht beweist und durch andere Beweise unterstützt werden muss.
b – Ähnlichkeitsuntersuchungen
Ähnlichkeitsuntersuchungen (anthropobiologische Untersuchungen) sind eine weitere medizinische Methode zur Feststellung der Abstammung. Bei dieser Methode werden die körperlichen Merkmale des Kindes und des mutmaßlichen Vaters verglichen und die morphologischen Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen ihnen untersucht. Diese Tests können jedoch nicht als Beweis verwendet werden, wenn die Vaterschaft durch einen Bluttest definitiv ausgeschlossen wurde. Wenn der Bluttest die Möglichkeit der Vaterschaft zeigt, können Ähnlichkeitstests als unterstützendes Element für andere Beweise betrachtet werden. Ein wichtiger Punkt ist, dass diese Tests erst durchgeführt werden können, wenn das Kind das dritte Lebensjahr vollendet hat.
c – DNA-Test
Das wichtigste Beweismittel in der Vaterschaftsklage ist der DNA-Test. Mit dem DNA-Test kann die Vaterschaft zu 99,99% festgestellt werden. Auch der Kassationshof hat in vielen seiner Entscheidungen die Bedeutung des DNA-Tests betont.
Allerdings können neben dem DNA-Test auch andere Beweise verwendet werden. Zum Beispiel können Zeugenaussagen, Dokumente, die belegen, dass die Mutter zum Zeitpunkt der Empfängnis mit dem Beklagten zusammengelebt hat, Erklärungen oder Verhaltensweisen des Beklagten, die auf die Anerkennung des Kindes hindeuten, als Beweise verwendet werden.
Der DNA-Test kann neben Blut auch mit verschiedenen Proben wie Haaren, Urin, Speichel und Gewebeproben durchgeführt werden. Für die Durchführung des Tests ist eine richterliche Anordnung erforderlich, und die betreffenden Personen werden mit einer Verfügung mit Foto und versiegelten Armen zur Untersuchungseinrichtung geschickt.
Ein zu beachtender Punkt ist, dass die Weigerung des Beklagten, einen DNA-Test durchführen zu lassen, zu Lasten des Beklagten gewertet wird.
Hinweis: Im Falle des Todes des Vaters kann ein DNA-Test mit Gewebeproben oder Knochenproben aus dem Grab durchgeführt werden.
c – Assistierte Reproduktionstechniken und die Frage der Vaterschaftsklage
Assistierte Reproduktionstechniken führen zu neuen und komplexen rechtlichen Problemen in Bezug auf Vaterschaftsklagen. Insbesondere Praktiken wie Samenspende, Eizellspende und Leihmutterschaft fordern den traditionellen Vaterschaftsbegriff heraus und erfordern neue rechtliche Ansätze.
Ein wichtiger zu beachtender Punkt ist, dass im türkischen Recht nur verheiratete Paare mit ihren eigenen Fortpflanzungszellen assistierte Reproduktionstechniken nutzen dürfen. Praktiken wie Samenspende, Eizellspende und Leihmutterschaft sind verboten.
Trotz dieses Verbots ist der rechtliche Status von Kindern, die im Ausland oder auf illegalen Wegen durch solche Praktiken geboren wurden, unklar. In diesem Fall muss unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Kindeswohls jeder Einzelfall unter seinen eigenen Umständen bewertet werden.
Beispielsweise stellt in einer Vaterschaftsklage, die von einem im Ausland durch Samenspende geborenen Kind in der Türkei erhoben wird, die Unterscheidung zwischen genetischem Vater und rechtlichem Vater ein wichtiges Problem dar. In solchen Fällen können auch Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung kommen.
5 – Zuständiges Gericht in der Vaterschaftsklage
A) Sachlich zuständiges Gericht
Das sachlich zuständige Gericht bestimmt, welche Art von Gericht für die Klage zuständig ist, je nach Gegenstand der Klage. Gemäß dem Gesetz Nr. 4787 über die Errichtung, Aufgaben und Verfahrensweisen der Familiengerichte fällt die Vaterschaftsklage in den Zuständigkeitsbereich der Familiengerichte. An Orten, an denen keine eigenständigen Familiengerichte eingerichtet wurden, wird die Zuständigkeit dem vom Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte bestimmten Zivilgericht erster Instanz übertragen.
Hinweis: Abhängig von der jährlich sich ändernden Wertgrenze ist für Klagen unter dieser Grenze das Friedensgericht und für Klagen darüber das Zivilgericht erster Instanz zuständig. Bei der Vaterschaftsklage ist jedoch unabhängig von dieser Wertgrenze das Familiengericht zuständig, wenn ein materieller Anspruch erhoben wurde.
B) Örtlich zuständiges Gericht
Das örtlich zuständige Gericht bestimmt, an welchem Ort die Klage verhandelt wird. Bezüglich des örtlich zuständigen Gerichts in der Vaterschaftsklage enthält Artikel 283 des türkischen Zivilgesetzbuches eine spezielle Regelung:
Klagen in Bezug auf die Abstammung werden vor dem Gericht des Wohnsitzes einer der Parteien zum Zeitpunkt der Klage oder der Geburt erhoben.
Diese Bestimmung gewährt dem Kläger ein Wahlrecht bezüglich des Gerichtsstands. Der Kläger kann die Klage sowohl vor dem Gericht seines eigenen Wohnsitzes als auch vor dem Gericht des Wohnsitzes des Beklagten erheben.
Wenn keine der Parteien in der Vaterschaftsklage einen Wohnsitz in der Türkei hat, wird das zuständige Gericht nach Artikel 41 des Gesetzes über das Internationale Privat- und Zivilprozessrecht (MÖHUK) bestimmt.
ARTIKEL 41 – (1) Klagen bezüglich des Personenstandes türkischer Staatsangehöriger werden, wenn sie nicht vor ausländischen Gerichten erhoben wurden oder erhoben werden können, vor dem örtlich zuständigen Gericht in der Türkei, falls ein solches nicht vorhanden ist, vor dem Gericht des Wohnortes des Betroffenen, falls er keinen Wohnsitz in der Türkei hat, vor dem Gericht seines letzten Wohnsitzes in der Türkei, und falls auch dieser nicht vorhanden ist, vor einem der Gerichte in Ankara, Istanbul oder Izmir verhandelt.
6 – Verfahrensregeln in der Vaterschaftsklage
In Vaterschaftsklagen gelten die besonderen Verfahrensregeln, die in Artikel 284 des Zivilgesetzbuches festgelegt sind. Der Zweck dieser Regeln ist es, in Abstammungsangelegenheiten die materielle Wahrheit jenseits jeden Zweifels festzustellen.
Ein wichtiger Punkt ist, dass der Richter die materiellen Tatsachen von Amts wegen erforscht und die Beweise frei würdigt (türkisches Zivilgesetzbuch Art. 284/b.1). Darüber hinaus sind die Parteien und Dritte verpflichtet, Untersuchungen und Prüfungen zuzustimmen, die der Richter für den Abschluss des Verfahrens als notwendig erachtet und die keine Gefahr für ihre Gesundheit darstellen (türkisches Zivilgesetzbuch Art. 284/b. 2).
7 – Vorläufige Maßnahmen in der Vaterschaftsklage
Artikel 333 des türkischen Zivilgesetzbuches ermöglicht die Anordnung von vorläufigen Maßnahmen zum Schutz des Kindes während des Vaterschaftsverfahrens. Demnach:
Wird mit der Vaterschaftsklage Unterhalt verlangt und hält der Richter die Vaterschaft für wahrscheinlich, so kann er vor dem Urteil einen angemessenen Unterhalt für die Bedürfnisse des Kindes festsetzen.
Diese Bestimmung wurde eingeführt, um zu verhindern, dass das Kind während des Verfahrens benachteiligt wird. Der Richter kann, wenn er die Vaterschaft für wahrscheinlich hält, noch vor dem endgültigen Urteil einen vorläufigen Unterhalt für das Kind festsetzen.
Zu beachtender Punkt: Dieser vorläufige Unterhalt kann im Falle einer Ablehnung der Vaterschaft nach den Bestimmungen der ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden.
8 – Verfahrensbeendende Parteienhandlungen
Die Vaterschaftsklage ist eine besondere Art von Klage, die die öffentliche Ordnung betrifft. Die spezifische Natur dieser Klage schränkt die Verfügungsbefugnis der Parteien über den Streitgegenstand erheblich ein. Dennoch gibt es unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit für die Parteien, das Verfahren zu beenden. In diesem Abschnitt werden wir die verfahrensbeendenden Parteienhandlungen in der Vaterschaftsklage untersuchen.
A) Klagerücknahme
Die Klagerücknahme ist der Verzicht des Klägers auf den Klageantrag. Diese in Artikel 91 der Zivilprozessordnung definierte Handlung ist auch in der Vaterschaftsklage möglich. Die Kläger, also die Mutter oder das Kind, können das Verfahren beenden, indem sie auf den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft verzichten.
Merkmale der Klagerücknahme:
a) Einseitige Willenserklärung: Die Klagerücknahme erfolgt durch einseitige Willenserklärung des Klägers. Eine Zustimmung des Beklagten ist nicht erforderlich.
b) Wirkung der Rechtskraft: Die Klagerücknahme hat die Wirkung eines materiell rechtskräftigen Urteils. Daher kann die zurücknehmende Partei nicht erneut mit demselben Anspruch klagen.
c) Teilweise Klagerücknahme ist möglich: Die Kläger können nicht nur auf den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft, sondern auch auf einen Teil der Schadensersatz- und Unterhaltsansprüche verzichten.
Wichtige Punkte:
- Eine Klagerücknahme kann bis zur Rechtskraft des Urteils erfolgen.
- Die Klagerücknahme kann mündlich in der Verhandlung oder schriftlich beim Gericht erfolgen.
- Wenn die Klage im Namen des Kindes durch einen Vormund erhoben wurde, muss der Vormund die Erlaubnis des Friedensgerichts einholen, um die Klage zurücknehmen zu können.
Hinweis: Wie wir auch im Abschnitt “Parteien der Klage” erwähnt haben, hat in Fällen, in denen Mutter und Kind gemeinsam Kläger sind, die Klagerücknahme einer Partei keine Auswirkungen auf die andere.
Folgen der Klagerücknahme:
- Das Gericht entscheidet aufgrund der Klagerücknahme auf Abweisung der Klage.
- Die zurücknehmende Partei kann nicht erneut mit demselben Anspruch klagen.
- Die Klagerücknahme hat rückwirkende Folgen.
B) Anerkenntnis
Das Anerkenntnis ist die Zustimmung des Beklagten zum Klageantrag. Das in Artikel 92 der Zivilprozessordnung geregelte Anerkenntnis ist unter normalen Umständen eine verfahrensbeendende Handlung. Da die Vaterschaftsklage jedoch die öffentliche Ordnung betrifft, hat das Anerkenntnis in dieser Klage keine rechtliche Wirkung.
Stellung des Anerkenntnisses in der Vaterschaftsklage:
- Das Anerkenntnis der Klage durch den Beklagten hindert das Gericht nicht daran, Beweise zu erheben und zu prüfen.
- Das Gericht muss trotz des Anerkenntnisses des Beklagten untersuchen, ob die Vaterschaft tatsächlich vorliegt.
C) Vergleich
Ein Vergleich ist die Beendigung eines anhängigen Rechtsstreits durch gegenseitige Vereinbarung der Parteien. Da die Vaterschaftsklage die öffentliche Ordnung betrifft, können die Parteien das Verfahren durch einen Vergleich nicht vollständig beenden.
Anwendung des Vergleichs in der Vaterschaftsklage:
- Ein Vergleich über den Vaterschaftsanspruch ist nicht möglich.
- Allerdings ist ein Vergleich über Unterhalts- und Schadensersatzansprüche, die mit der Klage geltend gemacht werden, möglich.
Bedingungen für die Gültigkeit des Vergleichs:
- Der Vergleich kann nur über Nebenpunkte wie Unterhalt und Schadensersatz geschlossen werden.
- Der geschlossene Vergleich muss dem Kindeswohl entsprechen.
- Der Vergleich muss vom Gericht genehmigt werden.
Zu beachtender Punkt: Das Gericht muss bei der Genehmigung des Vergleichs das Kindeswohl berücksichtigen. Ein Vergleich, der die Rechte des Kindes verletzt, wird nicht genehmigt.
D) Wiederaufnahme des Verfahrens
Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf, der es ermöglicht, ein rechtskräftiges Gerichtsurteil aufgrund einiger schwerwiegender Verfahrensfehler oder Mängel erneut zu verhandeln. In Vaterschaftsklagen hat die Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens, insbesondere mit der Verbreitung fortschrittlicher wissenschaftlicher Methoden wie dem DNA-Test, eine besondere Bedeutung erlangt.
a – Bewertung des DNA-Tests als Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens
Es ist umstritten, ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf der Grundlage eines später durchgeführten DNA-Tests, der im Widerspruch zum Gerichtsurteil steht, möglich ist, insbesondere bei Vaterschaftsurteilen, die vor der weit verbreiteten Nutzung des DNA-Tests, der heute der wirksamste und sicherste Beweis in Abstammungsklagen ist, ergangen und rechtskräftig geworden sind.
Meinungen in der Lehre:
- Nach einer Ansicht ist das Ergebnis des DNA-Tests ein neuer Beweis und sollte als Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens anerkannt werden.
- Eine andere Ansicht argumentiert, dass die Anerkennung des DNA-Tests als Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzen würde.
b – Folgen der Wiederaufnahme des Verfahrens in Vaterschaftsklagen
Wenn der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angenommen und eine neue Entscheidung getroffen wird, können die Auswirkungen dieser Entscheidung wie folgt sein:
a) Aufhebung des früheren Vaterschaftsurteils
b) Berichtigung der Abstammung
c) Neubewertung rückwirkender Unterhalts- und Schadensersatzzahlungen
d) Neuordnung der Erbrechte
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens in Vaterschaftsklagen, insbesondere mit der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden wie dem DNA-Test, die eindeutige Ergebnisse liefern, an Bedeutung gewonnen hat. Es ist jedoch notwendig, ein Gleichgewicht zwischen dem Grundsatz der Rechtssicherheit und der Aufdeckung der materiellen Wahrheit herzustellen.
9 – Folgen der Klage
Das Urteil in einer Vaterschaftsklage hat sehr wichtige Folgen für das Kind, die Mutter und den Vater. In diesem Abschnitt werden wir die Auswirkungen des Vaterschaftsurteils auf die Parteien und die daraus entstehende rechtliche Situation untersuchen.
A) Folgen für das Kind
Begründung der Abstammung: Wenn die Vaterschaftsklage angenommen wird und das Urteil rechtskräftig wird, wird eine Abstammungsbeziehung zwischen dem Kind und seinem Vater begründet. Diese Beziehung gilt ab dem Zeitpunkt der Empfängnis des Kindes.
Familienname: Nach der allgemeinen Regel in Art. 321 des türkischen Zivilgesetzbuches kann das Kind, wenn die Eltern verheiratet sind, den Familiennamen der Familie annehmen, andernfalls den der Mutter. Wenn jedoch ein außerehelich geborenes Kind vom Vater durch eine Vaterschaftsklage oder durch Anerkennung anerkannt wird, nimmt es den Familiennamen des Vaters an.
Staatsangehörigkeit: Ein außerhalb der Ehe geborenes Kind eines türkischen Vaters und einer ausländischen Mutter erwirbt die türkische Staatsangehörigkeit, wenn die Verfahren und Grundsätze zur Begründung der Abstammung erfüllt sind (Türkisches Staatsangehörigkeitsgesetz Art. 7/3).
Sorgerecht: Auch wenn eine Abstammungsbeziehung zwischen einem außerehelich geborenen Kind und dem Vater begründet wird, bleibt das Sorgerecht bei der Mutter.
Ausnahme: Wenn die Mutter minderjährig, beschränkt geschäftsfähig, verstorben ist oder ihr das Sorgerecht entzogen wurde, kann der Richter das Sorgerecht dem Vater übertragen oder einen Vormund bestellen, je nachdem, was dem Kindeswohl am besten entspricht.
Erbrecht: Gemäß Artikel 498 des türkischen Zivilgesetzbuches wird das Kind, dessen Abstammung durch eine Vaterschaftsklage festgestellt wurde, in Bezug auf den Vater wie eheliche Verwandte erbberechtigt. Das heißt, es gibt in Bezug auf das Erbrecht keinen Unterschied zwischen ehelichen und außerehelichen Kindern.
Unterhalt: Das Kind erhält das Recht, Unterhalt von seinem Vater zu fordern. Dieser Unterhalt dauert bis zur Volljährigkeit des Kindes an. Gemäß Artikel 328 des türkischen Zivilgesetzbuches kann der Unterhalt wenn das Kind volljährig ist, aber seine Ausbildung fortsetzt, bis zum Abschluss der Ausbildung fortgesetzt werden.
Hinweis: Der Beginn der Unterhaltszahlung ist das Datum der Klageerhebung.
In einer Vaterschaftsklage gegen den biologischen Vater hat der Kassationshof beispielsweise die Entscheidung des Gerichts, dass der zu zahlende Unterhalt “nach Rechtskraft des Vaterschaftsurteils” beginnen sollte, mit der Begründung aufgehoben, dass der Unterhalt “ab dem Datum der Klageerhebung” zu zahlen sei:
“(…) Die Klage betrifft Vaterschaft und Unterhaltsansprüche als Nebenfolge der Vaterschaftsklage. Das erstinstanzliche Gericht hat einen DNA-Bericht von einer gewöhnlichen medizinischen Einrichtung eingeholt, die wirtschaftliche und soziale Situation der Parteien untersucht und entschieden, die Vaterschaft festzustellen und ab dem Datum der Klageerhebung einen monatlichen Unterhalt von 1.000 TL für das gemeinsame Kind zuzusprechen. Gegen diese Entscheidung hat der beklagte Mann Berufung eingelegt, und das Berufungsgericht hat entschieden, dass der Unterhalt ab der Rechtskraft des Vaterschaftsurteils zu zahlen sei.
Wie in Artikel 333 des türkischen Zivilgesetzbuches ausdrücklich geregelt, kann mit der Vaterschaftsklage Unterhalt verlangt werden, und wenn der Richter die Vaterschaft für wahrscheinlich hält, kann er vor dem Urteil einen angemessenen Unterhalt für die Bedürfnisse des Kindes festsetzen. Aus den genannten Gründen und da auch feststeht, dass der Beklagte der Vater des Kindes ist, hätte der Unterhalt ab dem Datum der Klageerhebung zugesprochen werden müssen. Die Entscheidung in dieser Form war nicht korrekt und musste aus diesem Grund aufgehoben werden 2. Zivilkammer Aktenzeichen: 2021/10407 Entscheidung: 2022/1840 Datum: 28.02.2022 (…)”
B) Folgen für die Mutter
a – Materieller Schadensersatz:
Die Mutter kann gemäß Artikel 304 des türkischen Zivilgesetzbuches zusammen mit der Vaterschaftsklage oder separat vom Vater die Erstattung bestimmter Kosten verlangen.
Erstattungsfähige Kosten:
- Entbindungskosten: Hierzu können Krankenhauskosten, Hebammengebühren, Medikamentenkosten und ähnliche Ausgaben für die Geburt gezählt werden.
- Lebenshaltungskosten für jeweils sechs Wochen vor und nach der Geburt: Dies sind die Ausgaben der Mutter für ihren Lebensunterhalt in diesem Zeitraum. Beispiele sind Mietzahlungen, Verpflegungskosten, Ausgaben aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Mutter.
- Sonstige durch Schwangerschaft und Geburt verursachte Kosten: Beispiele für Ausgaben während der Schwangerschaft sind Kosten für eine Haushaltshilfe während der Schwangerschaft, Schwangerschaftsmedikamente, Untersuchungsgebühren, medizinisch notwendige Abtreibungskosten.
b – Immaterieller Schadensersatz
In Bezug auf die Vaterschaftsklage ist es nicht richtig, eine eindeutige Antwort darauf zu geben, ob immaterieller Schadensersatz verlangt werden kann oder nicht. Das Gesetz Nr. 4721 enthält im Gegensatz zum früheren Zivilgesetzbuch Nr. 743 keine ausdrückliche Bestimmung darüber, dass die Mutter immateriellen Schadensersatz verlangen kann. Das Gesetz regelt nur, dass die Mutter die Kosten, die sie vor und nach der Geburt für das Kind aufgewendet hat, unter dem Posten “materieller Schadensersatz” geltend machen kann. Bei der Untersuchung der Rechtsprechung des Kassationshofs stellen wir jedoch fest, dass neben Entscheidungen, die dieser Bestimmung des Gesetzes folgen, auch Entscheidungen getroffen wurden, die direkt oder indirekt im Widerspruch zum Gesetz stehen.
Sich ändernde Rechtsprechung des Kassationshofs
Die Entscheidungen des Kassationshofs zu diesem Thema haben sich im Laufe der Zeit geändert, und es wurden widersprüchliche Entscheidungen zwischen verschiedenen Kammern getroffen. Wenn wir diese Entscheidungen chronologisch betrachten:
Entscheidung der 2. Zivilkammer des Kassationshofs vom 20.04.1976, Aktenzeichen 1976/2112, Entscheidung 1976/3465: Es wurde festgestellt, dass die Mutter eines außerehelich geborenen Kindes von der Person, deren Vaterschaft festgestellt wurde, keinen immateriellen Schadensersatz verlangen kann, da es im Gesetz keine Bestimmung gibt, die dies ermöglicht. Diese Entscheidung betonte, dass der Antrag auf immateriellen Schadensersatz abgelehnt werden sollte.
Entscheidung der 4. Zivilkammer des Kassationshofs vom 26.09.2018, Aktenzeichen 2018/3586, Entscheidung 2018/5675: Es wurde betont, dass immaterieller Schadensersatz zugesprochen werden sollte, weil der Beklagte, obwohl er wusste, dass der Kläger sein eigenes Kind war, die Vaterschaft nicht anerkannt und sich nicht um den Kläger gekümmert hat, was den psychischen Zustand des Klägers negativ beeinflusst hat. Diese Entscheidung zeigte im Gegensatz zum vorherigen Beispiel, dass der Antrag auf immateriellen Schadensersatz akzeptiert werden kann.
Entscheidung der 4. Zivilkammer des Kassationshofs vom 29.11.2018, Aktenzeichen 2016/12466, Entscheidung 2018/7427: Es wurde festgestellt, dass immaterieller Schadensersatz zugesprochen werden sollte, weil der Beklagte, obwohl er wusste, dass es sein eigenes Kind war, jahrelang die Vaterschaft nicht anerkannt hat, was dazu führte, dass der Kläger als vaterloses Kind aufwuchs und Kummer und Leid empfand. Diese Entscheidung tendierte ähnlich wie die vorige zur Annahme des Antrags auf immateriellen Schadensersatz.
Entscheidung der 8. Zivilkammer des Kassationshofs vom 11.02.2019, Aktenzeichen 2017/8640, Entscheidung 2019/1253: Es wurde festgestellt, dass im türkischen Zivilgesetzbuch Nr. 4721 keine Regelung zum immateriellen Schadensersatz in Vaterschaftsklagen enthalten ist. Diese Entscheidung betonte, parallel zur ersten Beispielentscheidung, den Mangel an gesetzlicher Regelung.
Entscheidung der 4. Zivilkammer des Kassationshofs vom 17.09.2020, Aktenzeichen 2019/1015, Entscheidung 2020/2839: Es wurde festgestellt, dass immaterieller Schadensersatz zugunsten der Klägerin zugesprochen werden sollte, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beklagte das gemeinsame Kind nicht anerkannt und dazu geführt hat, dass es vaterlos aufwuchs, dass die Klägerin seit der Geburt des Kindes die elterlichen Pflichten und Verantwortungen allein übernehmen musste und der Beklagte sich der väterlichen Verantwortung entzogen hat. Diese Entscheidung tendierte zur Annahme des Antrags auf immateriellen Schadensersatz und bot detailliertere Begründungen.
Rechtliche Bewertung
Im Lichte dieser Entscheidungen wird deutlich, dass die Frage des immateriellen Schadensersatzes in Vaterschaftsklagen immer noch ein umstrittenes Thema ist und selbst zwischen den Kammern des Kassationshofs Meinungsverschiedenheiten bestehen.
Während das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung in einigen Entscheidungen als Grund für die Ablehnung des Antrags angeführt wird, wurden in anderen Entscheidungen unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der erlittenen immateriellen Schäden Schadensersatzurteile gefällt.
In Zukunft könnte eine klarere gesetzliche Regelung zu diesem Thema erwartet werden oder eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung des Kassationshofs, um einen Standard zu schaffen. Derzeit bleibt jedoch das Ergebnis von Anträgen auf immateriellen Schadensersatz in Vaterschaftsklagen ungewiss, und es ist erforderlich, jeden Fall einzeln zu bewerten.
Andere Ansichten zum immateriellen Schadensersatz:
Es gibt Ansichten, die argumentieren, dass immaterieller Schadensersatz nach Artikel 49 des türkischen Obligationenrechts aufgrund “unerlaubter Handlung” gefordert werden kann, wenn der Geschlechtsverkehr, der zur Geburt führte, einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mutter darstellt oder eines der “Straftaten gegen die sexuelle Integrität” erfüllt, die im türkischen Strafgesetzbuch geregelt sind.
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