Gilt der Ehepartner, der das Haus verlässt, im türkischen Scheidungsrecht als schuldig?
Gilt der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig?
In Ehen ist es wesentlich, dass die Ehepartner zusammenleben und ihre gegenseitigen Verantwortlichkeiten erfüllen. Manchmal kann jedoch ein Ehepartner aufgrund von Problemen innerhalb der Ehe das Haus verlassen. In diesem Fall wird die Frage, ob der Ehepartner, der das Haus verlässt, schuldig ist und wie sich dies auf den Scheidungsprozess auswirkt, zum Diskussionsthema. Im Rahmen des türkischen Zivilgesetzbuchs hängt es von den Gründen und Umständen des Verlassens ab, ob der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig betrachtet wird.
Nach dem türkischen Zivilgesetzbuch (TMK) bedeutet “Schuld”, dass eine Person rechtlich verantwortlich gemacht wird, weil sie ihre gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt oder einer anderen Person Schaden zugefügt hat. Schuld entsteht, wenn ein Verhalten vorsätzlich oder fahrlässig rechtswidrig ausgeführt wird, und kommt in der Regel in Scheidungsfällen zur Sprache, wenn eine der Parteien ihre ehelichen Pflichten verletzt. Die schuldige Partei kann zur Zahlung von Schadensersatz oder Unterhalt verpflichtet werden.
Um zu verstehen, warum es wichtig ist, ob der Ehepartner, der das Haus verlässt, schuldig ist oder nicht, müssen zunächst die Elemente der Scheidung aufgrund von Verlassen, wie sie in Artikel 164 des TMK geregelt sind, untersucht werden. Die folgenden Situationen gelten als Verlassen:
- Ein Ehepartner verlässt den anderen, um die ehelichen Pflichten nicht zu erfüllen
- Rückkehr in die gemeinsame Wohnung ohne triftigen Grund
- Den anderen Ehepartner zwingen, die gemeinsame Wohnung zu verlassen
- Verhinderung der Rückkehr des anderen Ehepartners in die gemeinsame Wohnung ohne triftigen Grund
Wie zu sehen ist, gibt es in dem Artikel die Voraussetzung, dass die Nichtrückkehr in die gemeinsame Wohnung und die Verhinderung der Rückkehr in die gemeinsame Wohnung auf einem triftigen Grund beruhen müssen. Wenn es einen triftigen Grund gibt, wird der Ehepartner, der das Haus verlässt, nicht als schuldig betrachtet. Dass der Ehepartner nicht schuldig ist, bedeutet, dass der Ehepartner, der das Haus verlässt, in der Scheidungsklage aufgrund von Verlassen nicht den Sanktionen ausgesetzt wird, die sich aus der Scheidung ergeben.
Hinweis: Obwohl das Wort “Verlassen” als die Handlung des Verlassens des Hauses verstanden wird, gilt auch der Ehepartner, der ohne triftigen Grund die Rückkehr des anderen Ehepartners in die gemeinsame Wohnung verhindert, als jemand, der das Haus verlassen hat.
Hinweis: Um eine Scheidungsklage aufgrund von Verlassen einreichen zu können, reicht es nicht aus, dass der Ehepartner das Haus schuldhaft verlassen hat. Zusätzlich muss auch eine Mahnung erfolgen.
Situationen, in denen das Verlassen des Hauses als Schuld gilt
Ob der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig betrachtet wird, hängt davon ab, ob das Verlassen auf einem gültigen Grund basiert. In diesem Abschnitt wird erörtert, in welchen Situationen das Verlassen des Hauses durch den Ehepartner als Schuld betrachtet werden kann.
Verlassen ohne gültigen Grund: Wenn einer der Ehepartner das Haus ohne triftigen Grund verlässt, wird in diesem Fall der verlassende Ehepartner als schuldig betrachtet. Zum Beispiel sind einfache familiäre Meinungsverschiedenheiten kein gültiger Grund für das Verlassen.
Langfristige Trennung: Wenn einer der Ehepartner für lange Zeit vom Haus fern bleibt und diese Trennung der ehelichen Gemeinschaft schadet, ist es möglich, dass der verlassende Ehepartner als schuldig betrachtet wird.
Nichtfortführung des gemeinsamen Lebens: Wenn einer der Ehepartner sich weigert, das gemeinsame Leben fortzuführen, was zum Verlassen des Hauses führt, ist es möglich, dass der verlassende Ehepartner als schuldig betrachtet wird.
Verursachung der Beendigung des gemeinsamen Lebens: Wenn der Ehepartner, der das Haus verlässt, durch diese Handlung das gemeinsame Leben beendet, kann er als schuldig betrachtet werden.
Unbegründetheit der Behauptung von Gewalt und Misshandlung: Wenn der verlassende Ehepartner behauptet, das Haus aufgrund von Gewalt oder Misshandlung verlassen zu haben, und sich diese Behauptungen als unbegründet erweisen, kann er als schuldig betrachtet werden.
Mitteilung des Verlassens des Hauses: Wenn einer der Ehepartner das Haus verlässt, ohne den anderen zu benachrichtigen, kann diese Situation als Schuld betrachtet werden.
Schwächung der ehelichen Gemeinschaft: Wenn der Ehepartner, der das Haus verlässt, durch dieses Verhalten die eheliche Gemeinschaft schwächt, kann er in diesem Fall als schuldig betrachtet werden.
Materieller und immaterieller Schaden: Wenn das Verhalten des Ehepartners, der das Haus verlässt, zu materiellem und immateriellem Schaden für den anderen Ehepartner führt, kann er als schuldig betrachtet werden.
Situationen, in denen das Verlassen des Hauses nicht als Schuld gilt
Das Verlassen des Hauses durch den Ehepartner wird nicht immer als schuldhaft betrachtet. Besonders in Situationen wie Gewalt, Bedrohung oder wenn das gemeinsame Leben unhaltbar wird, kann der verlassende Ehepartner als gerechtfertigt angesehen werden. In diesem Abschnitt werden Situationen untersucht, in denen das Verlassen nicht als Schuld betrachtet wird.
Gewalt und Bedrohung: Wenn einer der Ehepartner physischer oder psychischer Gewalt durch den anderen Ehepartner ausgesetzt war und deshalb das Haus verlassen musste, wird der verlassende Ehepartner nicht als schuldig betrachtet.
Aus dem Haus geworfen werden: Wenn einer der Ehepartner vom anderen Ehepartner aus dem Haus geworfen wurde oder es für ihn unmöglich geworden ist, im Haus zu bleiben, wird in diesem Fall der verlassende Ehepartner als gerechtfertigt angesehen und nicht als schuldig betrachtet.
Unhaltbarkeit des gemeinsamen Lebens: Wenn einer der Ehepartner das Haus verlässt, weil das gemeinsame Leben aufgrund des Verhaltens des anderen unhaltbar geworden ist, bedeutet dies, dass der verlassende Ehepartner nicht schuldig ist.
Materielle und immaterielle Zwänge: Wenn einer der Ehepartner unter schwerem materiellem oder immateriellem Druck stand und deshalb das Haus verlassen musste, kann diese Situation nicht als Schuld bewertet werden.
Verlassen mit Zustimmung des Ehepartners: Wenn einer der Ehepartner das Haus mit Zustimmung des anderen verlassen hat, kommt in diesem Fall eine Schuldzuweisung an den verlassenden Ehepartner nicht in Frage.
Medizinische Gründe: Wenn einer der Ehepartner das Haus aufgrund von gesundheitlichen Problemen verlassen musste, kann diese Situation nicht als Schuld bewertet werden.
Verlassen für die Sicherheit der Kinder: Wenn einer der Ehepartner das Haus verlassen hat, um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten, wird er in diesem Fall nicht als schuldig betrachtet.
Unrechtmäßiges Verhalten des Ehepartners: Wenn einer der Ehepartner das Haus verlassen musste, weil der andere Ehepartner sich unrechtmäßig und rechtswidrig verhalten hat, wird in diesem Fall der verlassende Ehepartner nicht als schuldig betrachtet.
Verschlechterung der Lebensbedingungen in der gemeinsamen Wohnung: Wenn einer der Ehepartner das Haus verlassen musste, weil sich die Lebensbedingungen in der gemeinsamen Wohnung verschlechtert haben, kann diese Situation nicht als Schuld bewertet werden.
Rechtliche Folgen, wenn der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig befunden wird
Wenn der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig befunden wird, kann dies im Scheidungsverfahren zu verschiedenen rechtlichen Konsequenzen führen. In diesem Abschnitt werden die möglichen rechtlichen Folgen in Bezug auf Sorgerecht, Unterhalt, Vermögensaufteilung und Schadensersatz detailliert erläutert.
Sorgerecht: Wenn der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig befunden wird, wird das Sorgerecht für die Kinder in der Regel dem anderen Ehepartner zugesprochen. Das Gericht trifft diese Entscheidung unter Berücksichtigung des Kindeswohls.
Unterhaltszahlungspflicht: Der als schuldig befundene Ehepartner kann verpflichtet werden, dem anderen Ehepartner Unterhalt zu zahlen. Dieser Unterhalt wird nach dem Grad der Schuld des verlassenden Ehepartners und der wirtschaftlichen Situation des anderen Ehepartners festgelegt.
Verlust von Rechten bei der Vermögensaufteilung: Wenn der verlassende Ehepartner als schuldig befunden wird, wird dies bei der Vermögensaufteilung berücksichtigt und der Anteil des verlassenden Ehepartners kann verringert werden. Dies tritt als wichtiger Faktor bei der Auflösung des Güterrechts hervor.
Materieller und immaterieller Schadensersatz: Der schuldige Ehepartner kann verpflichtet werden, dem anderen Ehepartner materiellen und immateriellen Schadensersatz zu zahlen. Dieser Schadensersatz zielt darauf ab, den im Scheidungsprozess erlittenen Schaden auszugleichen.
Nutzung der Familienwohnung: Wenn der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig befunden wird, kann das Gericht entscheiden, die Familienwohnung dem anderen Ehepartner zuzuweisen. Dies gilt insbesondere für den Ehepartner, der das Sorgerecht für die Kinder erhält.
Recht auf Umgang mit den Kindern: Das Recht des schuldigen Ehepartners, der nicht das Sorgerecht hat, auf Umgang mit den Kindern kann eingeschränkt werden oder es kann eine Entscheidung für beaufsichtigten Umgang getroffen werden. Das Gericht kann solche Maßnahmen zum Schutz der psychischen und physischen Gesundheit des Kindes ergreifen.
Beweise, um festzustellen, ob der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig betrachtet wird oder nicht
In Scheidungsfällen ist es möglich, anhand der vorgelegten Beweise zu bestimmen, ob der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig betrachtet wird oder nicht. Das Gericht trifft seine Entscheidung unter Berücksichtigung der Beweise, die die Behauptungen der Parteien unterstützen. Im Folgenden finden Sie eine Liste verschiedener Beweise, die in solchen Situationen verwendet werden können:
Zeugenaussagen: Die Aussagen von Familienmitgliedern, Nachbarn oder engen Freunden zum Grund, warum der Ehepartner das Haus verlassen hat, werden vor Gericht als wichtiger Beweis akzeptiert.
Telefon- und Nachrichtenprotokolle: Kommunikationsprotokolle zwischen den Ehepartnern können verwendet werden, um den Grund und den Prozess des Verlassens zu klären. Diese Aufzeichnungen können die Erklärungen des Ehepartners beim Verlassen des Hauses unterstützen.
Berichte über physische und psychische Gewalt: Wenn das Verlassen auf Gründen wie Gewalt oder Bedrohung basiert, können Arztberichte, Polizeiprotokolle oder Staatsanwaltschaftsbeschwerden, die diese Situation dokumentieren, als wichtige Beweise vorgelegt werden.
Polizei- und Staatsanwaltschaftsaufzeichnungen: Jegliche frühere Polizeianzeige oder Staatsanwaltschaftsaufzeichnung im Zusammenhang mit dem Verlassen des Hauses durch den Ehepartner kann verwendet werden, um den Vorfall des Verlassens und seine Gründe zu beweisen.
Krankenhausaufzeichnungen: Wenn einer der Ehepartner behauptet, das Haus aufgrund gesundheitlicher Probleme verlassen zu haben, können Krankenhausaufzeichnungen und Arztberichte, die diese Behauptung unterstützen, als Beweis vorgelegt werden.
Berichte von Psychologen und Familienberatern: Berichte von Psychologen oder Familienberatern über professionelle Unterstützung, die die Ehepartner während der Ehe erhalten haben, können helfen, den Grund für das Verlassen zu verstehen.
Untersuchung der Entscheidung des Kassationsgerichtshofs zur Frage, ob der Ehepartner schuldig ist oder nicht
KASSATIONSGERICHTSHOF ZWEITE ZIVILKAMMER Grundlage: 2022/11473 – Entscheidung: 2023/2275 – Datum: 09.05.2023
Diese Entscheidung konzentriert sich auf das Element der “Schuld” in einer Scheidungsklage, die aufgrund von Verlassen eingereicht wurde.
1- Behauptungen des klagenden Mannes: Der klagende Mann behauptete, dass die beklagte Frau die Grundlagen der ehelichen Gemeinschaft erschüttert habe, da sie sich während seiner Krebsbehandlung von ihm entfernt, das Haus verlassen und nicht zurückgekehrt sei.
2 – Entscheidungen des erstinstanzlichen Gerichts: Das erstinstanzliche Gericht entschied, dass die Schuld der beklagten Frau nicht bewiesen werden konnte und dass der Kläger gegen das Prinzip der Treue verstoßen habe. Es befand den Kläger als vollständig schuldig und wies die Klage ab.
3 – Entscheidung des Berufungsgerichts: Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts auf und befand die Beklagte als vollständig schuldig, da sie das Haus verlassen und trotz des Drängens des Klägers nicht zurückgekehrt sei. Daher wurde der Berufungsantrag des klagenden Mannes angenommen und die Scheidung beschlossen.
4 – Entscheidung des Kassationsgerichtshofs: Der Kassationsgerichtshof betonte, dass der beklagten Frau keine Schuld zugewiesen werden könne, da es keinen Beweis dafür gebe, dass die beklagte Frau das Haus ohne triftigen Grund verlassen habe. Außerdem wurde hervorgehoben, dass für eine Scheidungsentscheidung bewiesen werden müsse, dass die Beklagte zumindest in geringem Maße schuldig sei, aber eine solche Schuld nicht nachgewiesen werden konnte.
Infolgedessen entschied der Kassationsgerichtshof, dass das Berufungsgericht bei der Feststellung der Schuld einen Fehler gemacht habe, und urteilte, dass die Scheidungsklage des klagenden Mannes abgewiesen werden müsse. In diesem Fall wurde zu dem Schluss gekommen, dass die beklagte Frau schuldlos sei und die Forderungen des Klägers abgewiesen werden müssten.
In Scheidungsfällen wird die Frage, ob der Ehepartner, der das Haus verlässt, als schuldig betrachtet wird oder nicht, in der Türkei in jedem konkreten Fall einzeln bewertet. Die rechtlichen Konsequenzen ergeben sich unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen der verlassende Ehepartner das Haus verlassen hat, und der Auswirkungen dieser Situation auf die eheliche Gemeinschaft. Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, im Scheidungsprozess die Unterstützung eines Fachanwalts in Anspruch zu nehmen.
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